RE:Ioannes 54

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Von Damaskus, bedeutender Schriftsteller d. gr. Kirche, geb. vor 700 n. Chr.
Band IX,2 (1916) S. 18101811
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54) Johannes von Damascus, geb. vor 700, gest. kurz vor 754, einer der hervorragendsten Schriftsteller der griechischen Kirche. Über seinen Lebensgang sind wir schlecht unterrichtet, wissen nicht einmal, ob er, jedenfalls aus Damascus gebürtig, selbst auch wie seine Vorfahren in arabischen Diensten gestanden hat; seine meisten Werke, wenn nicht alle, hat er als Mönch und Presbyter in der νέα λαύρα des hl. Sabas bei Jerusalem verfaßt. Gleich nach Beginn des Bilderstreites hat er, wenn auch in der Form maßvoll und sachlich ohne Verstiegenheit, den Bilderdienst gegen die byzantinischen Kaiser verteidigt und diese Verteidigung zweimal nachdrücklich wiederholt. Eine Art Dogmatik seiner Kirche hat er in der πηγὴ γνώσεως, die auf griechischem Boden weder vor ihm noch später ihresgleichen findet, in drei Teilen, einer philosophischen Grundlegung – Dialektik –, κεφάλαια φιλοσοφικά, einer Widerlegung der 100 Häresieen, unter denen der Islam die jüngste ist, endlich der ebenfalls in 100 Kapitel zerfallenden ἔκδοσις τῆς ὀρθοδόξου πίστεως. Ein ethisches Seitenstück zu dieser Dogmatik, wenn auch ganz anders angelegt, stellen die drei Bücher der Ἱερὰ παράλληλα dar, alphabetisch geordnete Belehrungen über Tugenden und Laster. Bei der Überlieferung dieses Werkes ist das Streben nach Abkürzung gefährlich geworden; im vollen ursprünglichen Umfange ist es noch nicht wiederhergestellt; beim dogmatischen Werk, insbesondere im mittleren, wertlosesten Teil, bestand eine begreifliche Neigung [1811] zu Ergänzungen. Auch als Dichter ist J., der in der Künstelei der κανόνες den Andreas von Kreta zu überbieten wußte, hervorgetreten, und eine Menge kleinerer Schriften, auch exegetische und homiletische gehen, nicht alle zu Recht, unter seinem Namen. Als Prosaist zeichnet er sich vor den meisten älteren Theologen aus; er schreibt breit, aber klar, ohne Affektiertheit und Monotonie. Seine Belesenheit und Gelehrsamkeit sind uns bewunderungswerter als seine Rechtgläubigkeit, die ihm keinen neuen Gedanken zu fassen oder gar ein neues Problem zu stellen erlaubte. Was ihn für die Altertumsforscher aber am anziehendsten macht, ist die ungemein reiche und im ganzen zuverlässige Mitteilung aus älteren, häufig sonst verloren gegangenen Quellen. In der πηγὴ γνώσεως ist er mit wörtlichen Zitaten am sparsamsten; die Ἱερὰ παράλληλα fließen dagegen über von Autoritäten, aber auch fast jede der kleineren Schriften des Damaszeners, z. B. περὶ τῶν ἁγίων νηστειῶν, bringt wertvolle Exzerpte aus den Alten, glücklicherweise auch aus den Büchern von Ketzern. Die Ausnützung dieser Schätze wird aber erst gelingen, wenn eine kritische Ausgabe der Werke des J. vorliegt – Le Quiens (1712) Verdienste in allen Ehren – und dann der Literarkritik Echtes und Untergeschobenes sauber zu trennen gestattet. Bis jetzt ist man angewiesen auf den Nachdruck von Le Quien in Migne Patr. gr. 94–96. Für eine Hauptschrift hat das Fundament gelegt K. Holl Die Sacra Parallela des Joh. Dam. 1896 und: Fragmente vornicänischer Kirchenväter aus den Sacra Parallela 1899. Vgl. J. Langen J. von Damaskus, eine patristische Monographie 1879 und zahlreiche Stellen in Krumbacher-Ehrhard-Gelzers Geschichte der byzantinischen Literatur 1897.