RE:Bibernell

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Pflanzenart, Bibernellen
Band III,1 (1897) S. 402 (IA)–403 (IA)
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Bibernell, gemeine oder Stein-B., auch Bockspetersilie genannt, Pimpinella saxifraga L., ein auf trockenen Wiesen und steinigen Hügeln von [403] jeher häufiger, als Weidekraut und Viehfutter sehr schätzenswerter Doldenblütler (πετσώδη τὴν τῶν σπερμάτων ἀπείληφε φύσιν Phainias bei Athen. IX 371 d), καυκαλίς bezw. caucalis von den Alten genannt. Die B. hat einen stielrunden, zartgerippten Stengel und fiederschnittige Blätter. Der Geruch der Wurzel ist stark gewürzhaft, bocksartig, der Geschmack süsslich gewürzhaft und brennend; vgl. Lenz Bot. d. Gr. und R. 560. Leunis Synops. II. Teil II³ § 491, 16. Die jungen Blätter enthalten ätherisches Öl und sind ein essbares, appetiterregendes Gemüse (Theophr. h. pl. VII 7, 1) sowohl in rohem als in gekochtem Zustande (Diosk. II 168). In Griechenland und Italien wächst die B. wild und zwar auf Hügeln und Vorbergen bis 650 m. hinauf (neugriechisch καυκαλίδρα, καυκαλήθρα), vgl. Fraas Synops. pl. fl. cl. 149. v. Heldreich Nutzpfl. Griechl. 81. Nach Dioskorides (II 168) heisst die Pflanze auch καῦκος oder δαῦκος ἄγριος (vgl. Galen. XII 15 K.). In der Heilkunde galt die B. als urinbeförderndes Mittel (Diosk. a. O.). Der ausgekochte Saft wurde gegen Appetitlosigkeit und sonstige Magenleiden gebraucht, ferner gegen Stein-Harngriesleiden, sowie bei Milz-, Leber-, Nieren- und Geschlechtskrankheiten, namentlich bei Menstruationsstörungen. Nach Chrysipp beförderte sie die Empfängnis bei Frauen, Plin. n. h. XXII 83. Geop. XII 32. Galen. XII 15 K. Auch schützte man sich mit ihr vor den schädlichen Wirkungen tierischen Giftes, Nic. Ther. 843. 892 (hier die Lesart unsicher). Eine andere, besondere Art von B. ist die Anis-B., Pimpinella anisum L., gewöhnlich kurz Anis genannt, die bekannte Gewürzpflanze, die auch die Alten sehr wohl kannten, ἄνισον bei Dioskorides (III 58), ἄννησον bei Nicander (Ther. 650. 911), anisum oder anesum bei Plinius (n. h. XX 185f.), Celsus (II 21. 31), Columella (XII 51, 2), Scribonius Largus (52. 70. 113. 120 u. öfter), Palladius (de r. r. III 24, 14. IV 9, 17); vgl. Billerbeck Fl. cl. 80. Fraas Synops. fl. cl. 149. Lenz Bot. d. Gr. u. R. 559. Mit B. oder Bibernelle, auch Pimpinelle (aus bipinella wegen der doppeltgefiederten Blätter) bezeichnen wir zuweilen auch noch eine von Pimpinella saxifraga L. durchaus verschiedene Pflanze, nämlich die gemeine Becherblume, Poterium sanguisorba L., vgl. Leunis Synops. II. Teil II³ § 444, 2. Welche antiken Namen zur Bezeichnung der verschiedenen Arten von Poterium L. gedient haben, ist höchst unsicher. Näheres bei Billerbeck 230. Fraas 78. Lenz 703 und namentlich Koch Bäume u. Sträucher d. alten Griechenl. 169f.