RE:Antonius 61

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Gordianus Sempronianus Romanus Africanus (I.), M. Röm. Kaiser 238 n. Chr.
Band I,2 (1894) S. 2628 (IA)–2631 (IA)
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61) M. Antonius Gordianus Sempronianus Romanus Africanus (I.) der Vater, römischer Kaiser im J. 238 n. Chr., zugleich mit seinem gleichnamigen Sohne (Nr. 62).

I. Quellen. a) Gordians (I.) Lebensbeschreibung in den Scriptores historiae Augustae (Gordiani tres, cap. 1–16), angeblich verfasst von Iulius Capitolinus, geht hauptsächlich auf drei Quellen zurück, Dexippus, Cordus und Herodian (vgl. besonders: K. Dändliker Die drei letzten Bücher Herodians, Untersuchungen zur römischen Kaisergesch., hrsg. von Büdinger, Lpz. 1870. 241ff.), von denen uns Herodian (VII 4–9) noch erhalten ist. Ausserdem sind zu vergleichen die Lebensbeschreibungen der beiden Maximine, der jüngeren Gordiane, des Maximus und Balbinus (im folgenden als Max., Gord., Max.-Balb. citiert); ferner Eutropius IX 2. Victor Caesares 26; Epitome 26. Zosimus I 14. Zonaras XII 16.

b) Durch eine neugefundene griechische Inschrift aus Perge in Pamphylien (Lanckoronski Städte Pamphyliens und Pisidiens I, Wien 1890. 168 nr. 37), ist der Name des Kaisers endgültig festgestellt. Auf ihn oder seinen Sohn (Nr. 62) bezieht sich eine in Bordeaux gefundene, aber wahrscheinlich in Africa gesetzte fragmentarische lateinische Inschrift (CIL VIII Suppl. 12521 = Dessau 493), sowie ein griechisches Inschriftenfragment (CIL VIII 10895[WS 1], vgl. Mommsen Ztschr. f. Numism. VIII 1881, 28).

c) Die Münzen Gordians (I.) bei Eckhel VII 299–304. Cohen V² 1–4 nr. 1–15; die alexandrinischen Münzen bei Mionnet VI 403f. nr. 2866–2876; Suppl. IX 118 nr. 538f. Catalogue of the greek coins in the British Museum, Alexandria p. 235f. v. Sallet Daten der alexandrinischen Kaisermünzen 57. Eine Münze von Prymnessus in Phrygien und eine von Aegae in Cilicien bei v. Sallet Ztschr. f. Numism. VII 1880, 140. Ausserdem giebt es noch unsichere Münzen von Antiochia in Karien, Corcyra und Samos, Cohen V² 4; vgl. H. Schiller Jahresber. f. Altertumswissenschaft XXXVI 1883, 463–466. XLVIII 1886, 288–294.

d) die neuere Litteratur s. o. unter Nr. 60 I e.

II. Leben vor der Thronbesteigung.

Gordian der Ältere war ein Sohn des Maecius Marullus und der Ulpia Gordiana (vgl. den Stammbaum o. S. 2619f.) und leitete sein Geschlecht väterlicherseits auf die Gracchen, mütterlicherseits auf Traian zurück (Gord. 2, 2). Dass er [2629] aber auch ein Nachkomme des Triumvirn Antonius war, wird dadurch wahrscheinlich, dass er das von dem Triumvir erworbene (Plut. Ant. 10. 21) Haus des Pompeius besass (Gord. 2, 3. 3, 6. 6, 5. 17, 2). Da er bei seiner Thronbesteigung im J. 238 etwa 80 Jahre (Herod. VII 5, 2 = Gord. 9, 1) oder genauer 79 Jahre (Zonar. XII 17) alt war, so ist er um das J. 159 geboren; seine Jugend fällt also in die Zeit des Marcus Aurelius (161-180). Diesen Kaiser, sowie die übrigen Antonine, verehrte er so, dass er als puerulus eine Antoninias in 30 Büchern zur Verherrlichung des Marcus und Pius gedichtet (Gord. 3, 3–4) und später auch ein Prosawerk zum Preise aller Antonine geschrieben haben soll (Gord. 4, 7). Auch dichtete er die veralteten Gedichte Ciceros um (Gord. 3, 2), studierte mit dem Sophisten Flavius Philostratus zusammen in Antiochia in Syrien (Philostr. vit. soph. praef.) und that sich auch als Declamator hervor (Gord. 3, 4); mit dem jüngeren Sammonicus Serenus war er sehr befreundet (Gord. 18, 2). Er vermählte sich mit Fabia Orestilla, einer Urenkelin (?) des Antoninus (Gord. 17, 4) und Tochter des Annius Severus (Gord. 6, 4), die ihm zwei Kinder gebar (Gord. 4, 2), Gordian (II.), der mit dem Vater zugleich Kaiser wurde (Gord. 17, 4), um das J. 192 (vgl. Gord. 15, 2), und Maecia Faustina, die Mutter des dritten Gordian (Gord. 4, 2, vgl. o. Nr. 60 II). Als Quaestor und Aedil bewies Gordian (I.) als steinreicher Mann die glänzendste Freigebigkeit; in jedem Monat seines Aedilitätsjahres gab er dem Volke ein überaus kostspieliges Circusspiel (Gord. 3, 5–8). Nach der Praetur erhielt er das Consulat (als suffectus) als Amtsgenosse des Caracalla (Gord. 4, 1), und zwar sero (Gord. 18, 5), vielleicht erst im J. 213, also im Alter von 54 Jahren. Dass er zum zweiten Male mit Severus Alexander Consul geworden, wie die Vita angiebt (Gord. 2, 4. 4, 2), wird durch die Kaisermünzen, die ihn noch im J. 238 cos., nicht cos. II nennen, widerlegt (Cohen V² 2 nr. 2. 3, vgl. Borghesi V 470f.). Auch ist es fraglich, ob er wirklich zahlreiche Provinzen verwaltet hat (Herod. VII 5, 2 = Gord. 9, 1, vgl. Dändliker a. a. O. 247). Unter Severus Alexander (222–235) wurde er Proconsul von Africa (Gord. 5, 1. 7, 2. 18, 6; Max. 14, 2. Herod. VII 5, 2. Eutrop. IX 2. Vict. Caes. 26, 1; vgl. auch Philostr. vit. soph. praef.), wohin ihm sein gleichnamiger Sohn, obwohl selbst schon Consular, vielleicht auf besonderen Wunsch als Legat mitgegeben wurde (Gord. 7, 2. 9, 6. 11, 4. 15, 2. 18, 6).

III. Regierungszeit.

a) Im J. 238 n. Chr. wurde der Procurator des Kaisers Maximinus in Africa, der sich durch besondere Härte verhasst gemacht hatte, ermordet (Herod. VII 4 = Gord. 7, 2–3 = Max. 14, 1). Da an Verzeihung dieser That von seiten Maximins nicht zu denken war, so riefen die Mörder den Proconsul Gordianus, der sich die Liebe der Provinz in besonders reichem Masse erworben hatte (Gord. 5, 5), zum Augustus aus und drangen ihm, obwohl er sich angeblich sträubte und sein hohes Alter vorschützte, mit Gewalt den Purpur auf (Herod. VII 5. Gord. 7–9; Max. 14, 2). Vielleicht aber hatten die Gordiane selbst den Aufstand veranlasst, da anscheinend Maximin ihnen [2630] schon vor ihrer Erhebung den Tod gedroht hatte (Gord. 8, 3, vgl. Dändliker a. a. O. 243f.). Jedenfalls stimmten die wenigen Truppen, die in der Provinz Africa sich befanden, dem Aufstande zu (Eutrop. IX 2. Vict. Caes. 26, 1, vgl. Cagnat L’armée romaine d’Afrique, Paris 1892, 49–51). Gordian zog nun von Thysdrus südlich von Karthago, wo er sich bei dem Aufstande gerade aufgehalten hatte, in kaiserlichem Pompe nach Karthago, wo sein Sohn, der zugleich mit ihm zum Augustus ausgerufen war, mit der gleichen Gewalt bekleidet wurde (vgl. Gord. 9, 6). Von hier aus schickte der neue Kaiser sofort eine Gesandtschaft nach Rom mit einer Menge von Briefen an die vornehmsten Senatoren, sowie einem öffentlichen Schreiben an Senat und Volk, worin er eine gelinde Regierung zu führen verhiess. Der Senat bestätigte gern die angesehenen Standesgenossen als Augusti und sprach gegen Maximin und dessen Sohn die Acht aus (Herod. VII 6–7. Gord. 9–11; Max. 14–16. Vict. Caes. 26. Zonar. XII 16. Zosim. I 14).

b) Der Name und die Titel des neuen Kaisers lauteten nach den Inschriften und Münzen: imp. Caes. M. Antonius Gordianus Sempronianus Romanus Africanus pius felix Augustus, pontifex maximus, tribunicia potestate, consul, pater patriae, proconsul; und zwar muss er M. Antonius nach seinen Vorfahren väterlicherseits genannt sein (die Verwechselung des Namens Antonius mit Antoninus erklärt sich vielleicht aus der grossen Vorliebe Gordians für diesen Namen, Gord. 4, 7–8. 9, 5. 17, 5; Macrin. 3, 5. Vict. Caes. 26, 1); Gordianus hiess er wohl nach seiner Mutter Ulpia Gordiana; Sempronianus (so lautet dieser viel umstrittene Name, der auf den Münzen nur abgekürzt Σεμ. geschrieben ist, in der neugefundenen griechischen Inschrift von Perge, vgl. o. I b) nannte er sich wohl nach den Sempronii Gracchi, von denen er angeblich abstammte (Gord. 2, 2); den Beinamen Romanus erhielt er vielleicht erst bei seiner Thronbesteigung vom Senat gleichsam als Gegenstück zu dem Beinamen Africanus, doch ist es auffällig, dass Romanus (ebenso wie Sem.) gerade auf den römischen Münzen fehlt; den Beinamen Africanus endlich gaben ihm die Einwohner von Africa, als sie ihn zum Kaiser ausriefen (Herod. VII 5, 8 = Gord. 9, 3–4).

c) Nicht lange sollten die neuen Augusti die höchste Ehre geniessen. Denn Capellianus, der Statthalter von Numidien, den Gordian abberufen hatte, rückte mit der legio III Augusta (vgl. hierüber Cagnat a. a. O. 165–170) eilends gegen Karthago und besiegte den jüngeren Gordian, der selbst im Kampfe fiel. Auf die Kunde hiervon endigte der Vater, der in Karthago zurückgeblieben war, mit einem Stricke sein Leben (Herod. VII 9. Gord. 15–16; Max. 19; Max.-Balb. 4, 3. Amm. Marc. XXVI 6, 20). Beide wurden in Rom consecriert (Gord. 16, 2; Max.-Balb. 4, 1. Inschriften Gordians III. z. B. CIL VIII 848. 4218. 10079 u. s. w.[WS 2]). Ihre Regierung dauerte wahrscheinlich nur 20 (Chronograph vom J. 354) oder 22 Tage (Zonar XII 17; vgl. hierüber Löhrer De Maximino 38–41). Die genauere Zeitbestimmung hängt ab von dem Zeitpunkt der Thronbesteigung Gordians III.; vgl. also die Berechnung o. S. 2621ff., [2631] wonach die 20–22 Tage in den Februar bis März des J. 238 zu setzen sind.

Anmerkungen (Wikisource)