RE:Anthemis 2

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
fertig  
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene Pflanzen der Kamillen
Band I,2 (1894) S. 2364 (IA)–2365 (IA)
Hundskamillen in der Wikipedia
Hundskamillen in Wikidata
Bildergalerie im Original
Register I,2 Alle Register
Linkvorlage für WP   
* {{RE|I,2|2364|2365|Anthemis 2|[[REAutor]]|RE:Anthemis 2}}        

2) Ἀνθεμίς (z. B. Nicand. frg. 74, 37 Schn. Poll. I 106, lautlich wohl mit ἄνθος zusammenhängend), ein ziemlich dehnbarer und keineswegs allenthalben gesicherter Begriff, war einerseits der Name für mehrere Arten von Anthemis L., Hundskamille (vgl. Lenz Bot. d. a. Gr. u. R. 471), andererseits wurden ausser Matricaria Chamomilla L., der gemeinen oder echten Kamille, einige Arten von Anacyclus und Chrysanthemum L. damit bezeichnet, insbesondere die aus dem Oriente stammende, beim Zerreiben kamillenähnlich, aber unangenehm riechende, zu den Wucherblumen gehörige Mutterkraut-Kamille, die auch bei uns in Gärten, an Hecken und auf Schutt anzutreffen ist, Matricaria parthenium L. = Pyrethrum parth. Sm. = Tanacetum parth. Schultz. = Chrysanthemum parth. Bernh., jetzt ἀσπρόκχι, häufig in Griechenland, besonders in gebirgigen Gegenden, an Zäunen und Wohnungen; vgl. Leunis Synops. II. Teil³ II § 694, 42. 43. 45. 47. Dioskorides, der III 144 als gleichbedeutende Bezeichnungen noch λευκάνθεμον (wegen der weissen Strahlenblüten; doch wurden leider verschiedene Pflanzen so genannt, vgl. Diosc. III 145 ; hier, III 144, ist λευκάνθεμον wohl echte Kamille), ἠράνθεμον, χαμαίμηλον (jetzt χαμομηλεά, vgl. Murr Die Pflanzenw. i. d. gr. Myth. 206, daraus Chamomilla, daraus Kamille, vgl. Macer Florid. de vir. herb. 550. eigentl. Erdapfel, wegen der kleinen runden Blütenköpfe, welche wie Äpfel oder Quitten riechen, διὰ τὴν πρὸς τὰ μῆλα ὁμοιότητα τῇ ὀσμῇ), μελάνθεμον, χρυσοκόμη, καλλία, malium anführt, unterscheidet nach der Farbe der Blüten (ἄνθη λευκά, μήλινα und πορφυρᾶ) drei Arten (desgl. Plin. n. h. XXII 53); als zugehörig zur ersten Art können drei Pflanzen in Frage kommen: A. Chia, die griechische Hundskamille, ein massenhaft auftretendes Unkraut (vgl. v. Heldreich Pflanzen d. att. Ebene 543), A. nobilis L., die edle oder römische Kamille, vor allem aber die in Griechenland und Italien häufige gemeine oder echte Kamille, Matricaria Chamomilla L. (εὐάνθεμος des Hippokrates). Der zweiten Art dürfte A. tinctoria L. — das gern mit zu Kränzen verwandte Kraut giebt eine citrongelbe Farbe, vgl. Billerbeck Fl. cl. 220 — oder aber Anacyclus aureus zuzuweisen sein, während der dritten Art die besonders auf Cypern häufige A. rosea Sibth. zufällt. Theophrast, der das Wort ἀνθεμίς überhaupt nicht, dafür aber ἄνθεμον gebraucht, unterscheidet (h. pl. VII 8, 3) ἄ. φυλλῶδες und ἄ. ἀφύλλανθες; dieses (zu den ἐπιγειόφυλλα gehörig) bezieht Sprengel auf Anacyclus aureus, jenes (zu den ἐπικαυλόφυλλα, vgl. Plin. XXI 99, gehörig) auf Matricaria Chamomilla; doch passt die Beschreibung h. pl. VII 14, 2 ebenso gut zu Matricaria parth. L. Jenes andere ἄ. des Theophrast zieht aber Fraas (Synops. pl. fl. cl. 215) auf A. Chia L., jetzt att. ἀρμέγκα, auf Cypern παπποῦνι, äusserst häufig in feuchteren Niederungen, auch auf trockenen Stellen; blüht sehr zeitig, bis 2000′ ansteigend. Dass übrigens A. pyrethrum L., der römische Bertram, dessen Wurzeln früher viel als Kaumittel gegen Zahnschmerzen gebraucht wurden, von Dioskorides (z. B. III 78) mit πύρεθρον gemeint sei, darf aus sachlichen [2365] Gründen (wegen des σκιάδιον u. s. w.) noch keineswegs für so sicher gelten, wie man fast allgemein annimmt. Die Mutterkraut-Kamille oder eine andere ihr verwandte Pflanze war nach Diotimos (Anth. Pal. VI 267. Murr a. a. O. 191) der Artemis heilig, stand aber, wie es scheint, auch in Beziehung zur Athene Παρθένος in ihrer Wirksamkeit als Ὑγίεια (Heilgöttin), vgl. Plut. Pericl. 13; Sulla 13. Plin. n. h. XXII 53. Murr a. a. O. 233; doch bleibt zu bedenken, dass auch andere Pflanzen (z. B. Parietaria Diosc. IV 86) den überhaupt öfter (z. B. Diosc. III 145. Theophr. VII 7, 2. Gal. XI 874) vorkommenden Namen παρθένιον führten, besonders natürlich solche, welche auf die Gebärmutter (vgl. Apul. de herb. 65) und die Krankheiten des weiblichen Geschlechts von Einfluss waren, weshalb im einzelnen Falle Vorsicht in der Bestimmung geboten ist. Über die Verwendung in der Heilkunde vgl. ausser Dioskorides Plin. XXII 54. XXVI 87. Macer Florid. 549–591. Hippocr. II (XXII) 552. 726. Galen. XI 833. 562. 588. 750.

[Wagler. ]