BLKÖ:Habsburg, Karl VI.

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 6 (1860), ab Seite: 364. (Quelle)
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136. Karl VI., deutscher Kaiser, als König von Spanien Karl III. (geb. 1. October 1685, gest. 20. October 1740). Sohn des Kaisers Leopold I. aus dessen dritter Ehe mit Eleonore Magdalena von der Pfalz [s. d. Nr. 56]. Gemalin: Elisabeth Christine, Tochter Ludwig Rudolph’s, Herzogs von Braunschweig-Lüneburg (geb. 28. August 1691, gest. 21. December 1750 [s. Nr. 75]. Kinder. Leopold Johann Joseph (geb. 13. April, gest. 4. November 1716); Maria Amalia (geb. 5. April 1724, gest. 19. April 1730), Maria Anna (geb. 14. September 1718, gest. 16. December 1744), vermält am 7. Jänner 1744 mit dem Herzoge Karl von Lothringen, Bruder des Kaisers Franz I.; Maria Theresia [365] (geb 15. Mai 1717, gest. 29. Nov. 1780), Nachfolgerin ihres Vaters durch die pragmatische Sanction. Wahlspruch: „Constantia et Fortitudine“. Hervorragende Lebensmomente. Seine Erziehung leiteten Anton Florian Fürst von Liechtenstein und der Jesuit Andreas Braun. Von seinem Vater zum Regenten Spaniens bestimmt, wurde ihm dieß Erbe streitig gemacht, und auf Grundlage eines dem letzten Habsburger in Spanien, dem König Karl II. [s. Nr. 133], unterschobenen Testamentes Philipp von Anjou als Philipp V. zum König proclamirt. England und Holland schlossen eine Allianz gegen Frankreich, welcher später Deutschland, Portugal und Savoyen beitraten. Karl wurde 1703 – 18 Jahre alt – in Wien zum Könige von Spanien proclamirt, ging über Holland nach England und von da 1704 mit einem Heere von 12.000 Mann nach Spanien, welches von französischen Truppen überschwemmt war. Als er in Catalonien landete, bemächtigte er sich Barcelona’s; Philipp V. belagerte nun die Stadt. Die Franzosen schickten sich an, sie mit Sturm zu nehmen und Karl schien der Gefangenschaft nicht entrinnen zu können. Nichtsdestoweniger leistete er hartnäckigen Widerstand, und an der Spitze einer Garnison, die kaum 2000 Mann zählte, hielt er sich tapfer, bis die englische Flotte erschien und die Blockade des Hafens und der Stadt aufhob. Mit wechselndem Kriegsglücke wurde in Spanien der Kampf fortgesetzt. Bald Sieger, bald besiegt, hielt Karl zweimal seinen Einzug in Madrid und mußte zweimal es wieder verlassen. 1706 ließ er sich daselbst zum Könige als Karl III. ausrufen. Als er später hinter die Mauern Barcelona’s sich zurückziehen mußte, erhielt er, 1711, die Nachricht von dem unvermutheten Tode Joseph’s I. [s. Nr. 123], seines Bruders. Zufolge der letzten Verfügung Leopold’s vereinte nun Karl die zwei Kronen Karl’s V. auf seinem Haupte. Seine Aussichten auf Spanien gewannen nun sichereren Halt, aber die Eifersucht der Verbündeten wollte es nicht zulassen, daß so viel Macht mit einem Fürstenhause vereiniget bleibe. Karl, in Oesterreich als Joseph’s Nachfolger anerkannt, ließ seine Gemalin in Spanien und kehrte nach Deutschland zurück, wo er Kunde erhielt von seiner Wahl zum deutschen Kaiser. Am 12. October 1711 fand seine Krönung zum Kaiser, im folgenden Jahre, 22. Mai 1712, jene zum Könige von Ungarn Statt. Nichtsdestoweniger gab er sein Recht auf Spaniens Krone nicht auf, sondern führte den Successionskrieg mit allem Nachdrucke durch seinen Feldherrn, den großen Prinzen Eugen, fort. Indessen war in England die Partei der Torys, Harley nachmals Graf von Oxford, und Saint John nachmals Graf Bolingbrocke ihre Häupter, an die Spitze der Regierungsgeschäfte getreten und die europäische Politik nahm eine für Karl ungünstige Wendung. Der Friede zu Utrecht kam (11. April 1713) und unter verschiedenen späteren Daten) zu Stande, durch welchen Karl VI. in seinen gerechten Hoffnungen sich so wenig befriedigt sah, daß er dem allgemeinen Frieden nicht beitrat und den Krieg allein – aber mit wenig Glück – fortsetzte. Nun trat ein Congreß zu Rastatt zusammen und als dieser, der übermüthigen Forderungen Frankreichs wegen, eben im Begriffe stand, sich aufzulösen, schloßen Eugen und Villars zu Baden in der Schweiz den Definitiv-Tractat vom 7. September 1714, in welchem auch das Reich mit inbegriffen war. So war der Friede überall – [366] Spanien ausgenommen – hergestellt. Die Kaiserin und Guido Starhemberg’s Truppen waren in Catalonien zurückgeblieben. Barcelona wollte unter keiner Bedingung den verhaßten Philipp V. als König anerkennen, und im Frühjahre 1714 begann die Belagerung dieser Stadt, deren Vertheidigung nur im Alterthume in jenen von Sagunt, Numantia, Karthago und Metullum ihres Gleichen hat. Der Fall dieser in Noth und Tod getreuen Stadt (11. September 1714) – der übrigens Frankreich seine Kerntruppen gekostet hatte – betrübte so sehr Karl’s Gemüth, daß man seit dieser Zeit fast nie mehr ein Lächeln von ihm gewahrte. In den Erbstaaten waren mittlerweile auch Unruhen ausgebrochen. Die Türken, zwar durch Eugen’s Sieg bei Zentha eingeschüchtert, hatten in vier Jahren schon diese Schlappe vergessen und mit der Republik Venedig, welcher sie Morea wegnahmen, neuen Krieg begonnen. Der Kaiser war Venedigs Bundesgenosse. Eugen führte den Krieg und brachte ihn bald zu Ende. Am 5. August 1716 erfocht er bei Peterwardein einen glänzenden Sieg über den Großvezier, eroberte das Temesvárer Banat, die ganze Walachei, ganz Serbien und zwang die Türkei zum Passarowitzer Frieden (21. Juli 1718), in welchem Oesterreich das Banat, Belgrad, den größten Theil Serbiens und einen Theil Bosniens und der Walachei erhielt; Venedig aber für Morea, welches die Türken behielten, mit allen in Dalmatien und Albanien eroberten Plätzen entschädigt wurde. Kaum war diese Angelegenheit zu Ende geführt, als die Umtriebe des spanischen Ministers Alberoni den politischen Horizont auf anderer Seite verdüsterten. Erst der Sturz Alberoni’s (1720) machte den Feindseligkeiten, die mitunter zu sehr ernsten Conflicten geführt hatten, ein Ende. Nun richtete Karl sein Augenmerk auf die Befestigung der Ruhe im Innern seines Reiches, wozu er sich, da er keinen männlichen Thronerben besaß, nur um so mehr gedrungen fühlte. Er schuf das unter dem Namen der pragmatischen Sanction bekannte Grundgesetz, welches am 6. December 1724 öffentlich kundgemacht, von den Ständen aller seiner Königreiche und Lande anerkannt und beschworen und von den ersten Mächten Europa’s garantirt wurde. Nach diesem Grundgesetze fiel in Ermangelung männlicher Erben die Nachfolge auf die weibliche Descendenz, es wurden also nach demselben auch die Erzherzoginen in das Recht der Erstgeburt einbezogen. Noch fielen in Karl’s Regierungsepoche die Erledigung Parma’s und Piacenza’s durch den Tod des letzten Herzogs Anton aus dem Hause Farnese und die neue polnische Königswahl, da nach 36jähriger Regierung König Friedrich August (1. Februar 1733) gestorben war. Parma und Piacenza wollte Karl als oberster Lehensherr in Besitz nehmen. Aber neue Tractate zu Wien (16. März, 6. Juni und 22. Juli 1731) stellten andere Bestimmungen fest, indem England und die Generalstaaten die pragmatische Sanction anerkannten, erhielt Don Carlos, Sohn Philipp’s V. und Elisabeth’s, aus dem Hause Farnese, Parma und Piacenza und wurde auch von dem Großherzog von Toscana, Johann Gaston von Medicis, zum Erben eingesetzt. Die polnische Königswahl hatte aber ernste Verwickelungen im Gefolge. Während die von Frankreich unterstützte Partei den Schwiegervater des französischen Königs, Stanislaus Lesczinsky, zum Könige ausrief (12. September 1733), wählte eine zweite unter Oesterreichs [367] und Rußlands Schutz Friedrich August’s II. Sohn, August III. (5. October). Spanien, Sardinien und Frankreich erklärten nun Karl’n den Krieg, und mit solcher Raschheit drang eine französisch-sardinische Armee in die Lombardie ein, daß in kürzester Zeit (December 1733) dieselbe in feindlichen Besitz kam. Zu gleicher Zeit wurde der Feldzug am Rheine eröffnet. Mit wechselndem Glücke ward auf beiden Seiten gekämpft. Aber durch die Siege bei Bitonto (15. Mai 1734), Colorno (5. Juni) und bei Parma (29. Juni) verlor Oesterreich auf immer Neapel und Sicilien, wo sich Don Carlos (am 3. Juli 1735) zu Palermo zum Könige krönen ließ. Endlich kam durch britisch-batavische Vermittlung der Friede zu Wien zu Stande (3. October 1735), in Folge dessen Stanislaus der Krone Polens zu Gunsten August’s III. entsagte, dafür aber die Herzogthümer Lothringen und Bar erhielt, die nach seinem Tode (28. Februar 1766) mit Frankreich vereiniget werden sollten. Franz Stephan von Lothringen sollte für sein Stammland Lothringen Toscana nach des Großherzogs Johann Gaston, des letzten Medicis, Tode erben, welcher am 9. Juli 1737 erfolgte. Don Carlos behielt das Königreich beider Sicilien, der Kaiser aber die übrigen Staaten in Italien mit Parma und Piacenza, und Frankreich garantirte die pragmatische Sanction. Am 30. November 1735, am Ordensfeste des goldenen Vließes, wurde dieser Friede bekannt gemacht. In seinen letzten Lebensjahren wurde Karl noch durch den Ausbruch des Türkenkrieges in Anspruch genommen. Der große Eugen war todt (gest. 27. April 1736). Die Kaiserin Anna von Rußland hatte den Türken den Krieg erklärt und Karl, als Rußlands Bundesgenosse, mußte am Kriege theilnehmen, aber man merkte es bald, daß Eugen fehlte. Die Niederlagen des kaiserlichen Heeres bei Banialuka in Bosnien (4. August 1737), bei Zimok (28. September d. J.) und bei Krotzka in Serbien (23. Juli 1739), hatten den Belgrader Frieden zur Folge (18. September 1739), in welchem die Pforte Belgrad, Serbien und die österreichische Walachei zurück erhielt und Oesterreich von Eugen’s Eroberungen nichts blieb, als das Temesvárer Banat. Nur mehr ein Jahr überlebte der Kaiser diese Niederlagen. Nach diesem Ueberblicke der politischen Ereignisse soll hier noch im Allgemeinen der Zustände im Innern des Reiches gedacht werden. Unter Karl’s VI. Staatsmännern erblicken wir den großen – noch nicht erreichten – Eugen von Savoyen, Gundaker Grafen von Starhemberg, den Staatskanzler Philipp Ludwig Grafen von Sinzendorf und den Staatssecretär Johann Christoph von Bartenstein, vier Namen voll Klang in der Geschichte der österreichischen Verwaltung und Politik. Ueber das Unwesen des Hofkriegsrathes und über die unrühmlichen Niederlagen des berühmten österreichischen Heeres nach Eugen’s Tode, veranlaßt durch die mit Dünkel ohne Wissen, Schwäche ohne Einsicht verbundene Herrschsucht dieses unfähigen Körpers, berichten die Memoirenschreiber jener Zeit, wie Seckendorf, Graf Neipperg, und des Kaisers Ausspruch. „Ist denn mit Eugen alles Glück von meinen Adlern gewichen? habe ich denn gar keinen General mehr?“ bestätigt diese traurige Thatsache. Das Finanzwesen befand sich in äußerst zerrüttetem Zustande, im traurigen Gegensatze zu Eugen’s weisem Rathschlage: „Eine vollzählige, wohlgeübte Armee und [368] gefüllte Schatzkammer wären die einzigen, sicheren Garanten der pragmatischen Sanction.“ In Ungarn wurde die alte Palatinalverfassung, unter deren biegsamer Form die Anarchie ihre Blüthen trieb, durch die zu Ofen errichtete königliche Statthalterei (consilium locum-tenentiae regiae) ersetzt. Zur Hebung des Handels und der Industrie, angeregt durch das Beispiel Großbritanniens und der vereinigten Niederlande, that Karl VI. manchen erfolgreichen Schritt vorwärts, Triest wurde zum Freihafen erhoben, die Häfen von Buccari, Fiume und Porto Ré wurden verbessert; das adriatische Küstenland, Croatien, Dalmatien, Kärnthen und Tirol von Straßenzügen durchschnitten, welche den Transitohandel auf eine noch nicht gesehene Stufe hoben. Einen großen Gedanken, die Gründung einer Gesellschaft für den Welthandel zu Ostende, mußte er der Eifersucht Englands und Hollands opfern, welche mit Recht eine Concurrenz besorgten. In religiösen Dingen bewährte Karl VI. weise Toleranz. Dem Proselytenmachen der Gesellschaft Jesu unter den Protestanten Ungarns trat der Kaiser selbst in einzelnen Fällen entgegen; um der allzugroßen Verbreitung der geistlichen Güter einen Damm zu setzen, gab er neue Amortisationsgesetze; auch stiftete der Kaiser, dem Widerspruche Roms entgegen, das Erzbisthum Wien. Für die Förderung der Wissenschaften that Karl VI. viel und in den Annalen der Gelehrten-Geschichte Oesterreichs wird stets sein Name glänzen. Sein Briefwechsel mit dem großen Leibnitz, der 1713 nach Wien kam, über die Begründung einer Akademie der Wissenschaften, welche der Förderung der Geschichte in ihrem ganzen Umfange, der deutschen Sprache und gemeinnützigen Künsten gewidmet sein sollte, beweist, welches Gewicht der Kaiser auf eine weise Pflege der Wissenschaft legte. An Karl’s VI. Hofe, zu seiner Zeit von ihm reich unterstützt und in ihren Arbeiten gefördert, wirkten Männer, welche die Gegenwart noch mit gerechter Bewunderung nennt; um nur Einiger zu gedenken, seien hier genannt der gelehrte Abt von Göttweih, Gottfried Bessel, die zwei Brüder Benedictiner von Melk, Hieronymus und Bernard Petz, die berühmten, in der Wissenschaft hochgepriesenen Benedictiner der Congregation von St. Blasien im Schwarzwalde, der Hofbibliothekar Gentilotti, der Hofastronom Marinoni, Karl’s Leibarzt, der berühmte Garelli , ferner Argelati, Baluze, Boerhave, Eccard, Keyßler, Metastasio, Montfaucon, Muratori und viele Andere. Die Hofbibliothek ehrt in Karl VI. ihren zweiten Stifter; Eugen’s Bücherschatz, die kostbare Sammlung des kais. Generalagenten von Hohendorf, die griechischen Manuscripte des berühmten, von Karl VI. hochgeschätzten Apostolo Zeno, die Bibliotheken des Erzbischofes von Valenza aus dem Hause Cordona, Alexander Ricardi’s, die vielen kleineren, hie und da in kaiserlichen Privatgebäuden befindlichen Sammlungen wurden sämmtlich vereinigt, überdieß im Auslande oft mit hohen Summen, welche die kaiserliche Munificenz zu diesem Zwecke anwies, viele höchst schätzbare Werke angekauft und Alles in dem unter seiner Regierung von Fischer von Erlach in den Jahren 1726–1735 auf dem heutigen Josephsplatze erbauten großen und prächtigen Bibliothekssaale aufgestellt. In Karl’s Regierungsperiode fallen viele Neubauten in Wien, und überhaupt eine in ziemlich großartigem Maßstabe ausgeführte Verschönerung der Residenz. Zu [369] den Lieblingsbeschäftigungen des Kaisers gehörte die Musik. Er hatte den Sinn dafür von seinem Vater Leopold I. geerbt, der überdies seinen zweitgebornen Sohn so liebte, daß er ihm in seinem Testamente, für den Fall, als er die spanische Monarchie nicht behaupten sollte, den Hausgesetzen entgegen, Tirol zur eigenen Regierung anwies, welches nach dem Erlöschen der Leopoldinischen Seitenlinie mit Erzherzog Sigmund Franz (15. Juni 1665) mit der Primogenitur völlig vereiniget worden war. Karl versammelte an seinem Hofe die tüchtigsten Musiker, besaß selbst gediegene Kenntnisse in der Musik und componirte auch. Sein Lehrer war der berühmte Johann Joseph Fux[WS 1]. Karl’s Capelle bestand aus 2 Capellmeistern: Fux und Caldara, 3 Componisten: Carlo Badia, Giuseppe Porsile und Francesco Conti, 7 Sopranisten, 8 Altisten, 10 Tenoristen, 9 Bassisten, 5 Organisten, 2 Theorbenspielern, 14 Violinisten, 2 Gambisten, 3 Violoncellisten, 3 Concertisten, 4 Hoboeisten, 8 Posaunisten, 5 Trompetern und 1 Lautenmacher, zusammen aus 86 Personen. Sie kostete jährlich 43.702, mit der Oper zusammen über 100.000 fl. Der Kaiser prüfte selbst die aufzunehmenden Capellmeister, die aufzuführenden Opern und begleitete die Letzteren bei den Vorstellungen, welche im damaligen Residenzschlosse Favorite stattfanden, aus der Partitur. Von seinen Compositionen, die sich auf das Piano und den Gesang erstrecken, ist nur weniges auf uns gekommen, darunter ein handschriftliches Miserere für 4 Singstimmen mit beziffertem Orgelbaß. Dasselbe ist ganz von des Kaisers Hand geschrieben und mit der Ueberschrift: „Miserere a 4 voci. In nomine Domini“ versehen. Der Kaiser hatte es 1738, also zwei Jahre vor seinem Tode, componirt. Sein Styl wird von Kennern als strenge, vielfach fugirt und oft canonisch, die Modulation kühn, doch manchmal auch an Härten streifend, bezeichnet.

I. Selbstständige Werke. Amoß (Johann), Ehrensäul zu ewig ruhmwürdigsten Gedächtniß des Röm. Keysers Caroli VI. in einer Lob und Trauerrede emblematisch vorgestellet (Frankfurt 1700, Fol.). – Buondelmonti (Giuseppe), Orazione funerale in lode dell’ Imperatore Carolo VI. (Firenze 1741, 8°.). – Conlin (Johann Rudolph), Carolus VI. oder glorreichste Regierung und unvergleichliche Thaten Caroli VI., ferner die Lebensbeschreibungen Leopoldi I. und Josephi, die Heldenthaten Maximiliani von Bayern und Eugenii (von Savoyen) (Augsburg 1721, 4°.). – Delalande (P. A.), Histoire de l’empereur Charles VI. 6 Bde. (La Haye 1743, 12°.). – Diarium, Vollständiges, alles dessen was vor, während und nach denen höchst ansehnlichen Wahl- und Krönungs-Solennitäten Caroli VI. ... passirt ist (Frankfurt 1712, Fol.). – Ferrari (Girolamo), Delle notizie storiche della lega fra l’imperatore Carolo VI. e la republica di Venezia contro il gran sultano Acmet III. e de loro fatti d’armi dall’anno 1714 sino alla pace di Passarovitz (21. Juli 1718), libri IV (Venezia 1723, 4°.). – Förster (Friedrich Dr.), Die Höfe und Cabinette Europa’s im achtzehnten Jahrhundert. 2 Bde. Mit Urkundenbüchern (Potsdam 1836, Ferd. Rieger, 8°.). [Das ganze Werk ist vorherrschend eine Hof- und Regierungsgeschichte Karl’s VI. und schließt sich organisch an desselben Verfassers: „Biographie Friedrich Wilhelm I.“ an.] – Foscarini (Marco), Arcane memorie ossia segreta historia del regno di Carolo VI. (Padova 1750, Fol.). – Foppens (Jean Francois), Oratio funebris in exequiis Caroli VI. imperatoris (s. l. [Bruxell.] 1741, 4°.). – Gespräch im Reiche der Todten zwischen dem Röm. Kayser Carl VI. und Anna Iwanowna, russischer Kaiserin, worin sie einander ihre Lebensgeschichte erzählen. 2 Thle. (Frankfurt und Leipzig, 4°.). –[BN 1] Laudes posthumae Caroli VI. Imperatoris augusti pace, bello, religione magni (Viennae 1741, 8°., mit Portr.). – Manzador (Pio), Ehren- und Trauerrede bey der Leichen-Begängniß des weiland römisch. Kaysers Carl’s VI. (Wien 1741, Fol.). – [370] (Massuet, Pierre), Histoire de l’Empereur Charles VI. et des revolutions arrivées dans l’Empire sous le règne des princes de la maison d’Autriche. 2 Bde. (Amsterdam 1742, 12°.). – Mellicensis (Adrianus), Oratio funebris de laudibus Caroli VI. imperatoris (Vindob. 1741, Fol.). – Nadudvari (Samuel), Carolus VI. imperator et rex etc. gloriosissimae domus Austriacae Hesperus, Agropoli panegyrica oratione representatus (s. l. 1741, 4°.). – Oertel (Joh. Gottfr.), Castrum doloris, das in dem Ehren-Tempel aufgerichtete Trauergerüste vor (für) Carolum VI. in einer Leichenpredigt vorgestellt (Oedenburg s. d. [1741], Fol.). – Peikhard (Franz), Ehrenrede dem großen Geist Caroli VI. vorgetragen (Wien 1741, Fol.). – Pietermann (J.), Leven van Karel VI. Roomsch Keizer (Amsterd. s. d. (um 1744), 8.). – Pittermann (Ignaz), Leich- und Lobred Carl’s VI. (Wien 1741, Fol.). – Riesch (Bonaventura), Trauer- und Gedächtniß-Predigt nach dem Todesfall Kaiser Carl’s VI. nebst eingerückter Lebensgeschichte dieses Monarchen (Lindau 1740, Fol.). – Schilbach (J. S.), Carolus VI.: Die bei denen solennen Exequien ... vermittelst einer Lob- und Trauerrede emblematisch vorgestellte stillstehende .... Römische Staats-Sonne ( s. l. [Cronstadt] 1740, Fol.). – Schirach (Gottlob Benedict), Biographie Kaiser Carl’s VI. (Halle 1771, 8°.). – Schunn (Jacob), Lob- und Trauer-Gedächtniß des Kaisers Carl VI. (Hermannstadt 1740, Fol.). – Stancari (Domenico), In morte di Carolo VI. imperatore, orazione funerale (Parma 1741, 4°.). – Thyllius (Carl Otto), Commentatio ad capitulationem Caroli VI. (Francf. 1717, 4°.). – Waismayr (Joseph), Carl,deren Römisch. Kaysern der Sechste, deren Königen in Ungarn der Dritte dieses Namens u. s. w., vorgestellet in einer gebräuchigen Lob- und Trauerrede (Preßburg 1740, Fol.). – Wegelin (Georg Heinrich), Spicilegium observationum ad capitulationem Caroli VI. (Francf. 1714, 4°.). – Wieling (Abraham), De sanctione pragmatica Caroli VI. imperatoris augusti (Traject. 1743, 4°.). – Zech (Bernard von), Caroli VI. Wahlcapitulation (Leipzig 1712 auch 1713, 4°.). – Zschackwitz (Joh. Ehrenfried), Leben und Thaten Sr. Kays. und Catholischen Majestät Caroli VI. (von 1698–1712) (Frankf 1723, 8°., mit Portr., auch 1741, 8°.).
II. In anderen Werken und Zeitschriften Zerstreutes. Archiv für Geographie, Historie, Staats- und Kriegskunst (von Hormayr) (Wien 4°.) IX. Jahrg. (1818.) Nr. 57: „Karl VI. auf dem Wege von Loibl nach Laibach 1728“. –[BN 2] Bergmann (Joseph), Medaillen auf berühmte und ausgezeichnete Männer des österreichischen Kaiserstaates vom XVI. bis zum XIX. Jahrhunderte (Wien 1844, Tendler, kl. 4°.) Bd. II, S. 20 u. f. 80, 83 (in der Anmerk.), 260, 261 (in der Anmerk.), 315, 344, 363, 381, 382, 395, 400, 402, 411, 414, 468, 486. – Nouvelle Biographie générale ... publiée par MM. Firmin Didot frères, sous la Direction de M. le Dr. Hoefer (Paris, Lex. 8°.) Bd. IX, S. 782. – Blätter für Musik, Theater und Kunst, redig. von Zellner (Wien, 4°.) I. Jahrg. (1855), Nr. 11: „Autografensammler [ein facsimilirter musikalischer Autograph des Kaisers mit dessen schöne Unterschrift]. – Geschichts- und Erinnerungskalender (Wien, Sollinger , 4°.) Jahrg. 1848. S. 150: „Der kaiserliche Hofstaat und die Hoffeste unter Karl VI. – Gräffer (Franz), Kleine Wiener Memoiren (Wien 1845), Bd. III, S. 55: „Carl VI. Erholungen“. – Derselbe, Wiener Dosenstücke. 2. Ausgabe (Wien 1852, 8°.) Theil I, S. 219.: „Carl VI. bei der Tafel“. – Hormayr’s Oesterreichischer Plutarch, X. Bd. S. 53–104; auch in der „Austria. Oesterr. Universal-Kalender, XVI. Jahrg. (1855), S. 161. – Mailáth (Joh. Graf), Geschichte des österreichischen Kaiserstaates (Hamburg 1850, Friedr. Perthes, 8°.) Bd. IV, S. 294, 340, 423, 469–644. – Oesterr. Militär-Konversations-Lexikon, herausg. von Hirtenfeld (Wien 1851, gr. 8°.) Bd. III, S. 461. – Oesterr. National-Encyklopädie, herausg. von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. I, S. 453. – Oesterreichischer Volksfreund (Wien, Fol.) 1856, Nr. 142, auch abgedruckt in der Zeitung „Der Aufmerksame“ 1856, Nr. 142: „Ein Autograph Kaiser Carl VI.“ [Als Kaiser Karl am 15. September 1703, vier Tage nach der in Wien geschehenen Proclamirung der Thronfolge, mit großem Gepränge nach Maria-Zell kam, opferte er ein kostbares Kreuz, und die hierauf bezügliche Votiv-Inschrift wurde einige Jahre später, am 19. August 1707, von der verwitweten Kaiserin Eleonore nach Zell gebracht. Diese Inschrift ist Autograph.]. – Omnibus (Beiblatt zu den „Brünner Neuigkeiten“) 1856, Nr. 62: „Wir haben es so als Kaiser besser“ [ein Zug aus dem Leben des Kaisers, der aber in ganz gleicher Weise auch von Kaiser Leopold, gleichfalls einem großen Kenner und Freunde der Musik, erzählt wird]. – Schlosser (F. C.), [371] Geschichte des achtzehnten Jahrhunderts und des neunzehnten bis zum Sturze des französischen Kaiserreiches (Heidelberg, Mohr, 8°.) 3. Aufl. Bd. I, S. 49, 82, 88, 108, 111, 118, 119, 186, 326, 329, 335, 346, 368, 372, 401, 410. – Triester Zeitung 1856, Nr. 193: „Zur Geschichte von Triest XXI. Ein Besuch des Kaisers Karl VI.“
III. Monument. Zur Erinnerung an den Besuch des Kaisers Karl VI. in der Stadt Triest wurde auf der Piazza grande eine Marmorsäule mit des Kaisers Standbilde errichtet. Die Inschrift der Säule lautet folgendermaßen:
Carola VI
Rom. Imp. et Hisp. Regi
Bello ac pace
Inter Magnos Maximo
Turcarum triumphatori
Constantia ac fortitudine
Universi orbis christiani
Tranquillitate firmata
Restituto mari ac terrae,
Auctoque
Suis populis undique commercio
Urbem hanc fedelissimam
Invisenti
Senatus populique Tergestini
Monumentum
MDCCXXVIII.
IV. Medaillen. 1) Denkmünze zur Kaiserkrönung Karl’s VI. am 22. December 1711. Avers. In acht Zeilen: Carolus Hispaniar(um) Hun(gariae) Et Bohem(iae) Rex. A(rchidux) Au(striae) Electus In Rege Roman(orum) Coronat(us) Francof(urti) 22. Dec. 1711. Darüber die Reichsinsignien, u. z. Scepter und Schwert kreuzweise gelegt, auf ihnen ruhen Reichsapfel und Kreuz und darüber die Kaiserkrone mit goldenem Reife. Revers: Die rings von Wolken umlagerte Erdkugel (Anspielung auf die sturmbewegte Zeit, in welcher Karl nach vorschnellem Hingange Joseph’s I. die Regierung antrat), mit dem Wahlspruche: Constantia Et Fortitudine. Außerdem wurden während Karl’s Regierungsepoche noch folgende Medaillen geprägt: 2) Auf die Religionsveränderung seiner Braut. – 3) Auf seine Geburt im Aequinoctium. – 4) Auf seine Kaiserwahl und Krönung außer der obigen (Nr. 1), noch 6 verschiedene Medaillen. – 5) Auf seine siegreiche Rückkehr aus Spanien 1711. – 6) Auf den Entsatz von Cordona 1711. – 7) Die Huldigungsmedaille 1712. – 8) Auf die Herstellung des goldenen Vließordens 1712. – 9) Auf den Frieden von Rastatt 1714, 2 Med. – 10) Auf die Karlskirche 1716. – 11) Auf die Geburt des Erzherzogs Leopold 1716, 2 Med. – 12) Auf die Schlacht bei Peterwardein 1712, 2 Med. – 13) Auf die Eroberung von Temesvár 1716. – 14) Auf die Geburt Maria Theresias 1717. – 15) Auf den Einfall der Spanier in Sardinien 1717. – 16) Auf die Einnahme von Belgrad 1717, 2 Med. – 17) Auf das neue Jahr 1717. – 18) Auf die fünf ersten Regierungsjahre des Kaisers. – 19) Auf den Frieden zu Passarowitz 1718, 4 Med. – 20)[WS 2] Auf den Seesieg bei Capo Passaro 1718. – 21) Auf die Quadrupel-Allianz. – 22) Auf das erste Säculum der innerösterreichischen Eisen-Gewerkschaft 1719. – 23) Auf den Wiener Frieden 1725. – 24) Auf die Bestätigung des Wiener Friedens 1731, 2 Med. – 25) Auf den Frieden und auf die pragmatische Sanction 1737. – 26) Auf die Krönung zum Könige von Böhmen 1723, 3 Med. – 27) Medaille auf die Krönung im tausendsten Jahre nach Eroberung der Stadt Prag. – 28) Auf die Krönung der Kaiserin Elisabeth. – 29) Medaille auf Anhoffung eines männlichen Sproßen 1724. – 30) Auf die Einnahme von Barcelona 1705. – 31) Auf den Entsatz von Barcelona während einer Sonnenfinsterniß. – 32) Auf des Kaisers Siege 1706. – 33) Auf die Eroberungen in Spanien. – 34) Auf den Einzug in Madrid 1710. – 35) Auf die Krönung in Ungarn, 2 Med. – 36) Auf die Krönung der Kaiserin zur Königin von Ungarn 1714. – 37) Jeton auf den Tod des Kaisers mit dem Brustbilde Maria Theresia’s [vergl. das „Verzeichniß der von dem k. k. Feldmarschall-Lieutenant Ludwig de Traux in Wien hinterlassenen Münz- und Medaillen-Sammlung (Wien 1856, gr. 8.) Nr. 252–291; 792–802; 2552–2563; 2786–2798].
V. Porträte. 1) F. Stampart p., Bernigeroth sc. (Fol.); – 2 C. L. Bürgle sc. (Fol., Schwarzk.), Kniestück; – 3) A. Ehrenreich sc. (4°.); – 4) Bauer del., Romanet sc. (4°.); – F. Pasquelli del., F. S. Ravenet sc. (kl. 4°.); – 6) F. L. Schmitner sc. (Fol.), Halbfigur; – 7) M. Hannl del., A. und J. Schmuzer sc. (Fol.), unbenanntes Porträt; – 8) M. Meytens[WS 3] p., A. und J. Schmuzer sc. (gr. Fol.), in Staatstracht; – 9) J. J Weißhof sc. 1717 (gr. Fol.), ganze Figur, im Krönungs-Ornate, von den Porträten der fünf ersten Karl umgeben; – 10) (C. Weigel sc.) (gr. Fol.), Schwarzk., gleichfalls von den Porträten der fünf ersten Karl umgeben.

Berichtigungen und Nachträge

  1. Bd. VI, S. 369, Sp. 2, ist in den Quellen zu Kaiser Karl VI. nach dem Werke: „Gespräch im Reiche der Todten u. s. w.“ einzuschalten:
    Hansiz (Marcus), Quinquenium Primum Imperii Romano Germanici Caroli VI. (Graecii 1717, Fol. c. Fig.). – Derselbe, Quinquenium secundum (Viennae 1717, Fol. c. Fig.). – Derselbe, Decas Augusta seu lustrum geminum Imperii Augusti Caroli VI. cum accurata belli turcici relatione (Viennae 1724, 8°.) [Band 7, S. 413]
  2. Bd. VI, S. 370, Sp. 2, in der Biographie des Kaisers Karl VI. (Nr. 136) ist Zeile 3 von oben vor Bergmann (Joseph), Medaillen u. s. w. einzuschalten:
    Austria. Oesterr. Universal-Kalender (Wien, Klang, gr. 8°.) X. Jahrg. (1849), S. 43; [414] “Eigentliche Relation alles dessen, was sich beim Abschiede Ihrer kön. Majestät in Spanien Caroli III., an dem hiesigen kaiserlichen Hofe zugetragen (Wien 1703)“. [Band 7, S. 413 f.]

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Matthäus Fux.
  2. Vorlage: 19).
  3. Vorlage: R. Meytens.