BLKÖ:Habsburg, Johann von Schwaben

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
fertig
<<<Vorheriger
Habsburg, Hildegarde
Band: 6 (1860), ab Seite: 278. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
Johann Parricida in der Wikipedia
Johann Parricida in Wikidata
GND-Eintrag: 13626347X, SeeAlso
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Habsburg, Johann von Schwaben|6|278|}}

115. Johann von Schwaben, auch Parricida (geb. 1289, nach Einigen erst nach seines Vaters Tode (1290), daher von Einigen auch Posthumus genannt; gest. nach Einigen als Mönch des Augustiner-Ordens zu Pisa 13. April 1313). Johann ist ein Sohn Rudolph’s, Sohnes des ersten Kaisers aus dem Habsburgerstamme, Rudolph’s von Habsburg, und der böhmischen Königstochter Agnes. Nach seines Vaters frühem Tode erzog ihn die Mutter am Hofe ihres Bruders Wenzel II. in Prag. Als auch die Mutter Agnes starb [s. Nr. 3], setzte Wenzel das Erziehungsgeschäft fort. 1301 berief ihn sein Oheim, Kaiser Albrecht, an seinen Hof und ließ ihn nunmehr mit seinen Söhnen ausbilden. Wohl mag ihm schon am böhmischen Königshofe Argwohn gegen seinen Oheim eingeflößt worden sein; dieser wuchs aber, als er alle Aussichten auf eine selbstständige Zukunft allmälig schwinden sah. Johann hatte von seiner Mutter aus Anrechte auf ein Erbtheil in den habsburgischen Stammlanden und nach Wenzel’s Tode auch Rechte auf Böhmen. Als er zur Volljährigkeit heranwuchs, machte er seine Ansprüche geltend, erhielt aber als Gewährung die Anwartschaft auf Meissen, ein erst zu eroberndes Land. Diese seine vergeblichen Versuche, zu Land und Leuten zu kommen, mögen den Spott seiner Zeitgenossen, die ihn Johann ohne Land nannten, erklären. Auch die Bemühungen Anderer, Johann zur Erreichung seiner Ansprüche zu verhelfen, blieben erfolglos. Den Unwillen Johann’s reizten nun mehrere mißvergnügte Edelleute am Hofe Albrecht’s, darunter vor Allen Walther von Eschenbach, dann Rudolph von Balm, Conrad von Tegernfeld und Rudolph von Wart. Alle diese waren von Albrecht mehr oder minder schwer gekränkt und hatten sich aus Rache gegen dessen Leben frevelhafter Weise verschworen. Der Tag zur gräßlichen That wurde festgesetzt. Eine an Albrecht gelangte Warnung beachtete dieser nicht. So rückte der 1. Mai 1308 heran. Albrecht befand sich zu Baden im Aargau. Zur Feier des herkömmlichen Frühlingsfestes wurde eine fröhliche Mahlzeit gehalten, an welcher auch Johann und drei seiner Mitverschworenen Theil nahmen. Nach beendetem Mahle wurde eine Lustfahrt unternommen; als Albrecht mit seinem Gefolge bei Windisch an der Reuß angekommen, wußte Johann es so einzurichten, daß der König mit ihm und seinen Verschworenen zuerst das Fahrzeug bestieg, welches sie auf das jenseitige Ufer bringen sollte; unter dem Vorwande, das Fahrzeug könne nicht Alle tragen, wurde Albrecht von seinem treuen Gefolge abgeschnitten. Am jenseitigen Ufer angelangt, setzte er seinen Ritt nach Brugg fort und Johann, der indessen Albrecht’s Gefolge aufgehalten, eilte, als er den geeigneten Zeitpunkt ersah, [279] dem Kaiser nach. Nun fielen die Verschworenen über Albrecht her, und als dieser seinen Neffen zu Hilfe rief, soll ihm Johann das Schwert in die Gurgel gestoßen haben, mit den Worten: „Hier ist der Lohn des Unrechtes“. Eschenbach stach ihm in’s Gesicht und Balm spaltete ihm den Kopf. Wart blieb nach Einigen erschrockener Zeuge, nach Anderen soll er dem Pferde Albrecht’s in die Zügel gefallen sein und es gehalten haben. Bei seiner Hinrichtung betheuerte Wart seine Unschuld. Albrecht starb nach Einigen im Schooße seiner Gattin Elisabeth, die sogleich aus der Nähe an die Stelle des gräßlichen Frevels herbeigeeilt war, nach Anderen in den Armen des Bischofs von Speyer, und wieder nach Anderen in denen einer Bettlerin, welche unweit der Stelle des Verbrechens am Wege saß, welche Ansicht auch die wahrscheinlichste und verbreitetste ist. Tegernfeld’s Anwesenheit bei der Mordthat wird von den Chronisten nicht gemeldet. Der Unthat folgte eine nicht minder fürchterliche Sühne. Auf Befehl der Königin Witwe Elisabeth [s. d. Nr. 57] wurden die Burgen Eschenbach’s, Balm’s und Wart’s zerstört und gegen Tausend Menschen verschiedenen Geschlechtes verloren ihr Leben durch Henkershand. Balm verbarg sich einige Zeit in Basel, verschwand dann aber auf immer. Walther von Eschenbach, der Haupturheber des Mordes, lebte 35 Jahre lang als Hirt im Württembergischen und verrieth sich erst auf dem Todtenbette; Wart, welcher beim Papste in Avignon Sühne suchen wollte, wurde in Hochburgund erkannt, an Albrecht’s Söhne ausgeliefert und lebendig auf’s Rad geflochten. Johann selbst irrte abwechselnd in Bauernkleidern und Pilgergewändern in der Schweiz, in Italien, in Frankreich umher und war zuletzt nach Avignon zum Papste Clemens V. gepilgert. Ueber sein Ende liegt nichts Bestimmtes vor, die meist begründete Ansicht ist, er sei in Pisa im Franciskanerkloster, vermuthlich am 13. April 1313, also im Alter von 24 Jahren, gestorben und dort begraben. Aeneas Sylvius will dort sein Grabmal gesehen haben. Der Chronist Ebendorf von Haselbach berichtet auch von einem blinden Bettler, Namens Lathomius, welcher in Wien auf dem Neumarkte in einer Hütte saß und die Vorübergehenden um ein Almosen ansprach. Dieser Lathomius soll Johann’s natürlicher Sohn gewesen sein, den ihm während seines Umherirrens und Aufenthaltes in den Schweizerbergen eine Sennerin geboren hatte.

Langhans[WS 1] (Jakob), Genealogie und Herkommen der Grafen von Habsburg bis auf Keyser Ferdinand III. mit kurzem Begriff, warumb König Albrecht Graf zu Habsburg von Herzog Johann zu Windisch erstochen worden und von Stiftung des Klosters Königsfelden aus alten Schriften und Jarzeiten zusammengetragen durch – – (Bern 1641, 4°.). – Basler Beyträge zur vaterländ. Geschichte, 1850, IV. Bd. S. 153–194: „Das Verhältniß Herzogs Johann zu König Albrecht und die Ursache des Königsmordes“, von Remigius Meyer. – Senckenberg, Selecta juris et histor. IV, 1–160: „De origine et historia archi-ducum Austriae Habsburgi comitum usque ad pugnam Sempacensem authore anonymo Helvetio“ [erzählt ausführlich Albrecht’s I. Ermordung und die darauf gefolgte Blutrache]. – Pez, Scriptores rerum Austriacarum. I, 404, 867, 891 u. f., 905, 1229; II, 63, 374 u. f., 406, 595, 741, 776 u. f., und die österreichische Reimchronik daselbst III, 208, 637, 707, 797, 805 u. f., 841. – Herrgott, Genealogia diplomatica augustae gentis Habsburgicae. I, 203, 205. – Schmidt, Geschichte der Teutschen, VIII, 178 u. f. – Mailáth (Joh. Graf), Geschichte des österreichischen Kaiserstaates (Hamburg 1850, Perthes 8°.) I, 85, 92, 93, 96, 97. [Mailáth hält sich in seiner Darstellung an jene in der [280] „Geschichte der schweizerischen Eidgenossenschaft“ von Johannes v. Müller] – Laguille, Histoire d’Alsace. III, 288 et 348 u. f. – Oetter, Sammlung verschiedener Nachrichten. I.: „Nachricht von König Albrecht’s dreymaligem Begräbniß“. – Poetisch und in anderer Form ist diese tragische Katastrophe vielfach behandelt worden; nebenbei erwähnend die Episode in Schiller’sWilhelm Tell“, führe ich noch an: Gespräch wegen Ermordung Kaiser Albrecht’s (o. O. 1773, 4°.); – dramatisch: Crauer (Franz Regis), Kaiser Albrecht’s Tod. Ein Trauerspiel (Basel 1780, 8°.); – Meißner (Aug. Gottl.), Johann von Schwaben. Ein Schauspiel (o. O. 1781, 8°.); – in Gedichten: Hormayr’s Archiv für Geschichte u. s. w. 1812, S. 218: „Kaiser Albrecht’s Tod“; – Hormayr’s Taschenbuch für vaterländ. Geschichte 1826, S. 1 u. f.: „Die Sühne“ von Joh. Schön [betrifft Joh. Parricida]; – dasselbe 1837, S. 448: „Kaiser Albrecht’s Fahrt nach Speyer“, von Jos. Fick, und S. 452: „Kaiser Albrecht’s Tod“, von M. Fischel. – Porträt. Fugger’s Spiegel der Ehren des Erzhauses Oesterreich (Nürnberg 1668) zeigt auf Seite 263 sein Porträt. Mit dem Wahlspruche: „Distinguens admonet“, über einer hängenden (unseren Schwarzwälder Uhren gleichenden) Schlag-Uhr.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Langhaus.