ADB:Goes, Hugo van der

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Goes, Hugo van der“ von Adolphe Siret, Alfred Woltmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 9 (1879), S. 322–323, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Goes,_Hugo_van_der&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 19:51 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Goes, Adrian van der
Band 9 (1879), S. 322–323 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Hugo van der Goes in der Wikipedia
Hugo van der Goes in Wikidata
GND-Nummer 118695908
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|9|322|323|Goes, Hugo van der|Adolphe Siret, Alfred Woltmann|ADB:Goes, Hugo van der}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=118695908}}    

Goes: Hugo van der G., Genter Maler, † 1482. Er wird von Guicciardini und Vasari Ugo d’Anversa genannt, stammte aber aus einer bekannten Genter Familie. Urkundlich ist er hier zuerst 1465 als Mitglied der Malerzunft nachweisbar; 1468–69 war er Unterdechant seiner Gilde, 1473–75 bekleidete er in ihr das höchste Ehrenamt eines Dechanten. 1468 war er von der Stadt für Herstellung der Festdecorationen bei dem Einzuge von Karl dem Kühnen und Margaretha von York beschäftigt worden. Später trat er in das Roodenkloster bei Soignies ein. Sein Talent ward von dem Prior Thomas hoch gewürdigt, auch empfing er noch im Kloster manchen Besuch vornehmer Herren, [323] sogar des Erzherzogs Maximilian. Um 1480 ersuchte der Magistrat von Löwen ihn, die Summe abzuschätzen, welche die Stadt den Kindern des verstorbenen Dirk Bouts für die von diesem im städtischen Auftrage ausgeführten Arbeiten schulde. Vgl. Comte L. de Laborde, Les ducs de Bourgogne, I p. CXVI f. Im 5. oder 6. Jahre nach seinem Eintritt in den Orden machte er mit seinem Halbbruder Nicolas, der gleichfalls dem Orden angehörte, und Anderen eine Reise nach Köln. Auf der Heimreise ward er von einem hitzigen Fieber befallen, welches ihm eine Geistesstörung zuzog, in der er sich für einen Verdammten hielt und seinem Leben ein Ende zu machen suchte. Nach der Heimkehr verließ zwar dies Uebel ihn allmählig, aber der Irrsinn kehrte später wieder und endete mit seinem Tode im Kloster, wie wir aus einer um 1500 vom Bruder Kaspar Offuis (Ofhuis) geschriebenen Chronik des Stiftes erfahren (das Autograph derselben befindet sich gegenwärtig im Besitz des Chevalier Camberlyn in Brüssel). Seine dortige Grabschrift lautete:

Pictor Hugo van der Goes humatus hic quiescit.
Dolet ars, cum similem sibi modo nescit.

Alle Arbeiten des Meisters, auf welche sich Einträge in den städtischen Rechnungen beziehen, waren rein decorativer Art. Diejenigen Bilder, die Karel van Mander ihm zuschreibt, sind nicht mehr erhalten. Wohl aber ist noch das große Werk übrig, das Vasari als seine Arbeit nennt, und das seine einzige gesicherte und nachweisbare Schöpfung ist: das Triptychon aus der Hospitalkirche S. Maria Nuova in Florenz, jetzt in der Gemäldesammlung dieses Hospitals. Es war von Tommaso Portinari, der als Agent des Hauses Medici in Brügge lebte, für jenes Spital bestellt worden, das eine Stiftung seiner Vorfahren war. Das Mittelbild stellt die Geburt Christi und seine Verehrung durch Engel und Hirten dar. Die Flügel links und rechts enthalten die Heiligen Thomas und Antonius, Margaretha und Magdalena, und zu ihren Füßen den knieenden Stifter mit zwei Knaben sowie die Stifterin mit einem Töchterchen. In der landschaftlichen Ferne sind kleinere Darstellungen, die Reise nach Bethlehem, der Zug der Könige, zu sehen. Hier bewährt sich der Meister als einen trefflichen Nachfolger der van Eyck, wenn er auch kein eigentlicher Schüler von ihnen gewesen war. Die Macht der Individualisirung und die Leuchtkraft der Farbe mußten auch die Bewunderung der Italiener wecken. Die Stifterbildnisse in der reichen flandrischen Tracht sind Meisterwerke, viele Köpfe, namentlich die der Hirten, sind höchst originell und aus dem Volke geschöpft; die Frauenköpfe, Maria, die Engel, haben allerdings einen allzu schüchternen, bekümmerten Zug. Landschaft und Beiwerk sind mit ächt flandrischer Präcision und Zartheit ausgeführt, wenn auch der Maler der Luftperspective in den Fernen nicht in solchem Maße Herr ist wie Jan van Eyck. Dem ansehnlichen Maßstabe des Altars hat er in der Behandlung gerecht zu werden verstanden.

Siret. Umarbeitung von Woltmann.