ADB:Georg der Reiche

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Artikel „Georg der Reiche, Herzog von Baiern-Landshut“ von Sigmund Ritter von Riezler in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 8 (1878), S. 600–602, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Georg_der_Reiche&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 09:07 Uhr UTC)
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Georg der Reiche, Herzog von Baiern-Landshut, geb. in Landshut am 15. Aug. 1455, ward bis zum 13. Lebensjahre unter Aufsicht der Mutter, Amalie von Sachsen, in Burghausen erzogen. Seitdem er Martini 1468 seinen Einzug in Landshut gehalten, ward er vom Vater, Herzog Ludwig dem Reichen, bereits zu den Regierungsgeschäften, besonders zur Berathung der neuen Landesordnung, zugezogen. Seine Verlobung mit Ludmilla, Tochter des Böhmenkönigs Georg Podiebrad, wurde aus politischen Gründen rückgängig und eine Verbindung mit Kaiser Friedrichs Tochter vergebens angestrebt; am 14. Novbr. 1475 vermählte er sich mit Hedwig, Tochter des Königs Kasimir IV. von Polen. Fast alle Fürsten des südlichen und mittleren Deutschland wohnten der Hochzeit bei, wo der Landshuter Hof, durch Reichthum und Prunkliebe berühmt, einen alles überbietenden, oft geschilderten Aufwand entfaltete. Am 18. Januar 1479 folgte G. dem Vater in der Regierung des Landshuter und des damit vereinigten Ingolstädter Antheils der bairischen Lande. Einer seiner ersten Erlasse verbot allen Amtleuten und Pflegern Geschenke anzunehmen; andere richteten sich gegen Waldverwüstung, hohen Zinsfuß, Kleiderprunk; 1501 wurden seine sämmtlichen zahlreichen Verordnungen in der sogenannten großen Landesordnung Herzog Georgs verbunden. Im Verein mit seinem Vetter Albrecht von Baiern-München ließ G. durch eine Commission das Landrecht Kaiser Ludwigs umarbeiten; doch scheiterte die beabsichtigte Reform damals noch an dem Widerstreben der Landstände, die mit Mißvergnügen bemerkten, welch’ breiter Strom römischen Rechtes in den neuen Gesetzen ihre altgewohnten Anschauungen zu durchbrechen drohte. Nicht minder nahm es die Ritterschaft dem Herzoge übel, daß er bei den Ernennungen seiner Pfleger und Richter weniger die Zugehörigkeit zum einheimischen Adel als Kenntniß des römischen Rechtes berücksichtigte. Wie in Recht und Beamtenwesen macht die Regierung des Herzogs auch in militärischer Richtung einen entschiedenen Schritt aus mittelalterlichen gegen moderne Zustände hin. Die Gefahr, die vom schwäbischen Bunde drohte, veranlaßte ihn 1488 ein stehendes Heer zu werben, für dessen Unterhalt von den Unterthanen eine Kriegssteuer gefordert ward. Doch kam es nach dieser Seite zu keinem Zusammenstoße und überhaupt unter Georgs Regierung zu keinen bedeutenden kriegerischen Ereignissen. Als er 1480 über ein Vierteljahr in Wien verweilte, wo er vom Kaiser die Lehen empfing, hatte er zwar ein wohlgerüstetes Heer bei sich, das er gegen die Türken zu führen gedachte, ließ jedoch auf den Rath des Kaisers seine kriegerischen Pläne fallen. Vergebens bemühte er sich damals eine Aussöhnung zwischen Friedrich und Mathias von Ungarn herbeizuführen. Das Ansinnen auf Kriegshülfe [601] gegen den Ungarnkönig aber, das der Kaiser stellte, ward 1482 von den Baiernherzogen zurückgewiesen. Wiederholt gerieth G. mit Kaiser Friedrich in Zwiespalt. So unterstützte er bei der Passauer Bischofswahl gegen den vom Kaiser begünstigten Georg Häßler seinen Kanzler Friedrich Mauerkirchner, ließ durch seine Truppen von der Feste Oberhaus aus die Passauer Ilzstadt in Brand schießen und zwang Häßler zum Abzug. Bei der streitigen Augsburger Bischofswahl 1486 dagegen zog Georgs Schützling und Vetter, Johann von der Pfalz, den kürzeren gegen den kaiserlichen Candidaten Friedrich von Zollern. Auch setzte es der Kaiser durch, daß G. die vom Erzherzog Sigmund an Augsburg verpfändete, dann von ihm um 36000 Fl. ausgelöste Markgrafschaft Burgau gegen Erstattung der Pfandsumme wieder aufgeben mußte. Im Sommer 1490 führte G. dem Könige Maximilian 500 Reiter gegen Ungarn zu, nahm Theil an der Eroberung von Stein am Anger und von Stuhlweißenburg und empfing nach der letzteren That vom Könige den Ritterschlag. Bald trat er zu Maximilian als Hofmeister seiner Gemahlin in ein engeres Verhältniß, folgte seinem Hoflager nach Innsbruck, Freiburg, auf die Reichstage von Worms und Augsburg und zog 1499 als königlicher Kriegshauptmann nach Geldern. Auf eigene Faust hatte er 1485 einen Feldzug gegen Nördlingen unternommen, als dessen Bürger auf dem Gebiete der von ihm gekauften Grafschaft Kirchberg einen ihrer Feinde gefangen genommen; doch ließ er sich nach sechswöchentlicher Belagerung die Vermittlung des Bischofs von Eichstädt und eine Abfindung mit Geld gefallen. Segensreich erwies sich, nachdem die Zwietracht der wittelsbachischen Vettern so viel Unheil über ihre Lande gebracht hatte, lange Jahre Georgs gutes Verhältniß zur Münchener Linie. Wie zwischen den Herzogen Albrecht IV. und Christoph, vermittelte er mehrmals auch zwischen Albrecht und dem Kaiser, zwischen dem ersteren und dem Löwlerbunde. Ein 1487 geschlossenes, 1490 erneuertes Bündniß zur Beförderung der Ehren und Würden des Hauses Baiern verband alle drei wittelsbachischen Linien, die Landshuter, die Münchener und die pfälzische. Albrecht hatte, als er noch kinderlos war, für den Fall, daß er ohne männliche Nachkommen sterben würde, G. zum Erben bestimmt. Später aber erwuchsen Albrecht Söhne, während die Georgs vor dem Vater starben, so daß nun nach den Hausgesetzen Niederbaiern vielmehr an Albrecht fallen zu müssen schien. G. aber vermochte sich nicht darein zu finden, daß das Land seinen Nachkommen entzogen werden sollte; er vermählte seine Tochter Elisabeth 1500 mit Ruprecht, dem Sohne Philipps von der Pfalz und seiner Schwester Margarethe, und verschrieb ihr und ihrem Gemahl seine sämmtlichen Lande. Es war ein unseliger und wider alles Recht verstoßender Entschluß, der Baiern und die Pfalz nochmals den Verheerungen des Bürgerkriegs aussetzen und um herrliche Landstriche verkürzen sollte. Vergebens sprach dagegen Georgs Kanzler, Wolfgang Kolberger, Mauerkirchners Nachfolger; der Herzog warf auf ihn, mit Unrecht, wie es scheint (vergl. Geiß im Oberbayer. Archiv, XI, 206 f.) den Verdacht, seinen Plan vorzeitig an die Oeffentlichkeit gebracht zu haben, und ließ ihn zur Haft setzen. Wie vorauszusehen, erhoben sowol der berechtigte Erbe, Albrecht IV. von Baiern-München, wie Kaiser Maximilian entschiedene Einsprache gegen des Herzogs eigenmächtige Erbfolgeordnung; dieser aber ließ sich nicht irre machen, berief seinen Eidam als Statthalter nach Baiern und rüstete zum Krieg. Indessen wuchs seine Kränklichkeit, an der sein Lebenswandel, wie es scheint, nicht ohne Schuld war. Im September 1503 trat er auf ärztlichen Rath eine Reise nach dem Wildbade an, erreichte aber nur mehr Ingolstadt, wo er am 1. December sein Leben endete. Gleich darauf kam der Krieg um das Landshuter Erbe zum Ausbruch. Trotz einer so verhängnißvollen Aussaat und trotz der Einnahme des preisingischen Wolnzach, womit G. ebenfalls das Recht verletzte, glaubt Abt Rumpler, ein Zeitgenosse, dem Herzoge das Lob der Friedensliebe und Gerechtigkeit nicht vorenthalten zu müssen. Nicht minder [602] rühmt derselbe Georgs Milde, den Schutz, den er den Armen gewährte, die Devotion, wodurch er die Geistlichkeit erfreute. Noch heute besteht zu München, nach dem Herzog benannt, das Georgianum, ein Klerikalseminar, das er 1495 an seiner Landesuniversität Ingolstadt stiftete. Begierig nach Geld und Schätzen, glänzte er, im grellen Gegensatze zu dem stets knickerischen Kaiser Friedrich, doch auch wieder gern durch Freigebigkeit. Als 1491 schwere Theuerung eintrat, gab er aus seinem Kasten zu Landshut das Korn um billigen Preis. Eheliche Treue gehörte nicht zu seinen Tugenden; auch wenn er daheim war, saß seine polnische Hausfrau oft verlassen. Ebensowenig hätte man ihm Mäßigkeit im Trinken nachrühmen können. Turnieren und der Jagd war er eifrig ergeben und in behaglichem Müßiggang versäumte er oft auch Staatsgeschäfte. Doch schaffte er, als der Landtag wegen des Wildschadens Beschwerde erhob, wenigstens für einige Zeit seine Jagdhunde und Falken ab. Was Rumpler von seiner Liebe zur Einsamkeit und Ungestörtheit berichtet – wie er, um nicht erkannt zu werden, oft eine Stadt in ärmlicher Kleidung betrat und wie schwer der Zutritt zu ihm zu erlangen war – gilt wol mehr von den früheren Jahren, wo er noch nicht als Hofmeister am königlichen Hofe waltete.

Von den bairischen Chronisten besonders Veit Arnpeck, Abt Rumpler von Formbach, Vetter von Landshut; Krenner, Landtagshandlungen. – Häutle, Genealogie des Hauses Wittelsbach; Kluckhohn, Ludwig d. Reiche; Buchner, Geschichte v. Baiern, VI; Zschokke, Baier. Gesch. II.